Mittwoch, 20. Mai 2009

HAND 3

Wer den Cent nicht ehrt ist den Euro nicht wert. Vor allem zu Beginn eines Turnieres ist das BB stehlen aus der SB Position sicher nicht kriegsentscheidend – aber wenn es funktioniert ist es trotzdem eine Genugtuung.

Lass uns der Frage nachgehen, inwieweit sich die Stehlversuche aus der SB Position lohnen. Ganz nebenbei bemerkt bin ich der Überzeugung, dass ein BB, der preflop callt, beim Turn schneller foldet als wenn er einen raise gecallt hat. Das ist aber Metagame.

Wir haben 78o im SB und alle folden zu uns.

Wir entscheiden uns den BB zu stehlen. Eines ist klar, bei maximalen Gewinnaussichten von 42% für 78o wollen den Flop nicht sehen. Die einzige Frage ist nun eigentlich nur bei welchem Raise spielt der BB welchen Handrange, denn wenn der BB callt wäre es besser gewesen preflop zu limpen.

Das Diagramm zeigt nun bei welchen Handrange der BB maximal spielen darf, abhängig von der Größe unseres Raises. Z.B. Wenn wir auf 4BB erhöhen, darf der BB maximal einen Handrange von 30% spielen, wenn er öfters setzt macht es keinen Sinn.



Einfacher ausgedrückt bedeutet der Graph, dass wenn wir 4x den 3fachen BB setzen, und der BB nur jedes 3. Mal called, ist unser Erwartungswert bereits positiv


So, nun unterteilen wir ganz grob den Handrange des BB in 3 Teile:

- das obere Drittel called er immer
- das mittler Drittel ist das Fragezeichen
- das unter Drittel foldet er immer

und genau im mittleren Drittel ist auch unser Graph. Das ganze Bild sieht aus der Sicht es BB so aus, wenn der seine Gewinnchancen auf 20% bis 40% schätzt, das ist prinzipiell für ihn recht realistisch:

Beim Kombinieren des oberen Diagramms mit dem Erwartunswert EV zeigt sich, dass wenn sich der BB 20% Gewinnchancen ausrechnet, lohnt sich das stehlen immer, bei 40% nie und bei 30% ist es an der Grenze.





Und genau deswegen ist das Stehlen der Blind keine so einfache Sache, wenn wir damit am Ende unserer Pokertage damit positiv aussteigen wollen.

Schlussfolgerungen:

- Stehlen der BB macht Grunsätzlich sinn, aber es bedarf einer guten Einschätzung.
- Wir wollen der Flop beim Stehlen prinzipiell nicht sehen, also Hände weg davon wenn der BB einen kleinen Stack hat und der nur mehr darauf wartet endlich all in zu gehen
- Stehlen macht nur sinn wenn wir selbst einen deep stack haben

Montag, 18. Mai 2009

HAND 2

Das ist ärgerlich! Wir halten eine gute Hand preflop, sagen wir AKs, erhöhen brav, wie wir es gelernt haben und patsch, im Flop liegen 3 Karten von einer Farbe und wir haben keine davon.

Oder so, wie im vorliegenden Fall, wir haben top pair mit Open Straight draw und Flush draw. Eigentlich ein Flop von den Guten, aber in Wirklichkeit einen Pfifferling wert:

Hand: 8c7s; Flop: 9c, 6c 4c.

Wer sich in solchen Situationen prinzipiell durchcalled weiß sicher schon was drawing dead bedeutet.

Prinzipiell sollten wir wissen, wie wahrscheinlich es ist, dass wer bereits einen Flush geflopt hat. In den Diagrammen sehen wir die Wahrscheinlichkeit dazu für 3 verschiedene Handrangeszenarien (rote Linie).

Wie wir sehen ist der Unterschied der verschiedenen Handrange-Szenarien nicht so groß. Interssanter ist da schon die Wahrscheinlichkeit, dass ein Flush geflopt wurde, wenn ein As im Flop liegt (blau) oder nicht (rot). Vor allem bei sehr tighten Spieler ist die Wahrscheinlichkeit bedeutend geringer. Übrigends ist das auch so, wenn wir abschätzen möchten, ob der Gegner einen Flush draw spielt.

Dies ist die eigentliche Erkenntnis: Je höher der Kartenwert am Filz und je tighter die Gegner, desto geringer ist die Flush/ Flush draw Wahrscheinlichkeit. Angenommen unsere Gegner spielen einen Handrange von 20%, ist die Wahrscheinlichkeit nur halb so gering.




Zurückkommend auf unser Beispiel, können wir davon ausgehen, dass die Wahrscheinlichkeit 6% ist. Bei vier Gegner ist die Wahrscheinlichkeit bereits 22%, zusätzlich zu den höheren Flush Draws.

Das heisst, bei genügend hohem Stack, kann ein Bet in Pot-Größe durchaus Sinn machen. Die Wahrscheinlichkeit für ein Flush beim Flop ist relativ gering, andererseits geben wir den Flush draws schlechte odds, wenn er uns den Flush glaubt, muss er zustätzlich mit 7 outs rechnen statt mit 9. Bei Widerstand geben wir auf.

Im Gegensatz zu sonstigen Bluffs, ist es besser hohe Karten im Flop zu haben, je höher die Karten im Flop desto geringer hat jemand bereits einen Flush.

Sui macht es im konkreten Fall so. Selbt mit den vielen Outs zu Strasse, Flush, 2 Paaren, Drillingen, ist das Risiko zu hoch zu callen.

Schlussfolgerung.

Ein Flop mit einer Farbe ist eine gute Ausgangsposition für einen Bluff.
Wenn wir bereits etwas getroffen haben sollten wir uns im ersten Moment nicht abschrecken lassen. Andere sehen unter Umständen auch eine gute Ausgangssituation für einen Bluff.

Donnerstag, 14. Mai 2009

HAND 18

Uns Amateurspielern wird von den Profies eingetrichtert, ja kein Slowplay. Wenn ein aggressiver Profi, wie Gus Hansen jedoch mit top pair und gutem Kicker in Position checkt, ist es interessant genauer hinzusehen.

Wir haben KQo und im Flop ist K 6 2. Wir checken, was könnten wir im Turn heraufbeschwören?
Neben vielen exotischen Situationen sind es vor allem Drilling, zwei Paar, As-Paar oder Flush Draw.

Anbei ein Diagramm wie Wahrscheinlich es ist, dass ein Gegner K bzw 6 oder 2 getroffen hat, abhängig vom Handrange den er spielt.




Da vor dem Flop gelimpt wurde und wir vorsichtig sein wollen nehmen eher höhere Wahrscheinlichkeiten an, multiplizieren es mit den outs.



Das bedeutet wir verschlechtern uns im Turn dramatisch um 7,5%, bei zwei Spielern um 14%.
Flush Draw nicht mitgerechnet.

Um auszurechnen, ob es nun Sinn macht zu checken oder zu raisen müssen wir sehr viele Annahmen zu machen. Ich nehme einmal eine Situation an, die meiner Ansicht nach sehr häufig vorkommt, es geht ja um einen Durchschnitt. Ich rechne nur zum Turn und schaue wer vorne liegt, ansonsten wird es zu vage.

Ich nehme dazu den spieltheoretischen Ansatz eines Entscheidungsbaums. Ich hoffe Ihr kennt Euch aus:

Prinzipiell Grundannahmen:
2 Gegner noch im Spiel
Mindestens einer ist bereits im Flop vorne: 3%
Wir setzen im Flop und Turn 60% vom Pot
Mindestens einer called the Flop: 10%

Alternative 1: Direktes Spiel
Alternative 2: Slowplay




Rechnen wir dies zusammen können wir folgende Erwartunswerte EV ausrechnen:

Slowplay: 1,14
Straightplay: 1,08

Mit den ganzen Annahmen können wir sagen beide Spielvarianten sind gleichwertig.
Aber das ist nicht alles. Der große Unterschied liegt in der Varianz, und das sollten wir uns ganz genau ansehen. Das folgende Diagramm zeigt die Standardverteilung (Gauß) der beiden Spielvarianten an:




Kurz gesagt, wenn wir im Flop raisen (Straight spielen), ist die Möglichkeit mehr Chips einzusacken größer, allerdings ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir umso mehr Chips zu verlieren (blaue Linie). Und genau diesen Punkt sieht man aufgrund der EV-Berechnung nicht.


Schlussfolgerungen:
Slowplay und Straightplay in dieser Situation sind vom EV her gleichwertig
Durch slowplay machen halten wir bei ähnlichem EV den Pot geringer und damit die Varianz kleiner
Bei Q oder J statt den Königen ist die Gausskurve breiter und verschiebt sich nach links. Es macht also nur bei Axx und Kxx einen Sinn, wenn wir das Spiel variieren wollen.



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Dienstag, 12. Mai 2009

HAND 8

75s ist für den aggressiven Spieler durchaus eine spielbare Hand. Die Aussichten sind nicht schlecht. Treffen wir eine Strasse ist diese nicht leicht zu sehen, auch ein Flush winkt. Aber wie viel können wir maximal investieren, damit wir mit dieser Karte langfristig positiv bleiben.

Nun, nach einem Raise im SB bekommen wir ein Reraise vom BB.

Pot zu nach unserem raise: 1.200
Rerasie von Gegner: 900

Pot nach Reraise des Gegners: 2.100
Reraise to call: 900

Prozent vom Pot zu callen: 30%

Rechnen wir nun den EV für die Gewinnchangen für verschiedene Handrange aus.




Sieht ja gar nicht so schlecht aus, ab einem Handrange von 10% haben wir schon einen positiven EV, sollten wir eine Strasse getroffen haben, können wir uns auch noch etwas mehr beim Gegener abholen (Implied Odds).

Leider ist das nicht die ganze Wahrheit, denn 75s entfaltet seine Stärke erst, wenn man es bis zum River spielen kann. Beim Flop ist es nocht etwas schwach auf der Brust. Haben wir eine 7 oder eine 5 im Flop getroffen gibt es höchstwahrscheinlich eine Overcard. Treffen wir da auf Widerstand müssen wir folden.

Also, bei welchen Situationen können wir beim Flop sicher aggressiv spielen?

Zwei Paar: 4,0%
Flush: 0,8%
Drillling: 1,7%
Full House: 0,1%
Straight: 0,9%

Summe: 4,92%

Als aggressiven Spieler können wir eventuell auch noch hinzuzählen:

Straight Draw: 5,9% (Verbesserung im Turn auf Straight zu 15%)
Flush Draw: 11% (Verbesserung im Turn auf Flush zu 18%)
Paar: 30% (Verbesserung im Turn zu Drilling oder zwei Paar zu 10%)

Summe: 21,8%

Die Wahrscheinlichkeit eine starke Hand mit 75s zu haben sind:
Flop: 5%
Turn: 11%
River: 30%



Schlussfolgerungen:
Rein von EV Berechnung bis zum River kann man Preflop mit 30% pot odds immer Spielen
Small connectors entfalten ihre Stärke aber erst, wenn man sie bis zum River spielen kann. Beim Flop ist die Wahrscheinlichkeit nur 5% dass wir mit 75s eine starke Hand haben
Darum ist auf alle Fälle zum Spielen ein high stack gebraucht, und die Aussicht, dass aggressives Spielen erfolgreich ist.


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Montag, 11. Mai 2009

HAND 15

Mittler Pocket Pairs wie 77 sollten bei uns in mittlerer Position immer etwas Unbehagen hervorrufen. Ohne Aktionen bis zu unserer 4. Position ist es wohl etwas zu vorsichtig, die Karten wegzuschmeissen, andererseits kann man sehr schnell Chips verlieren.

Wie gehen wir nun am Besten an diese Sache heran?

Zuerst einmal müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass ein 77 von der Wertigkeit nicht irgendwo zwischen AA und 72o ist. Vielmehr ist es so, dass es beides gleichzeitig ist und je nach Flop sich von der einen oder anderen Seite zeigt.

Naturwissenschaftlich Interessierte kennen dies als Dualismus, das 77 hat hierbei durchaus ähnlichkeit mit einem Photon.

In Pokersprache ausgedrückt haben wir nach dem Flop eine eindeutige WA/WB Situation die wir aber gut abschätzen können.

WA: 11,5% (mindestens ein weiterer 7 im Flop)
WB: 88,5% (alles weitere)

Es gibt sicher einige Flops, die nicht so eindeutig sind, diese können wir vernachlässigen.

Genug der Prosa.

Im Pot sind 550 (SB,BB,Ante)
Wir setzen 650 drauf
Raise auf 2.300.

Wir müssen 1650 callen (= 23% Pot)
Was tun? Genau das ist dieses Unbehagen.

Nach Pot Odds Berechnung würde ein call von 770 gerechtfertigt sein, die Differenz von 880 sind Implied Odds:

Wahrscheinlichkeit für Nuts im Flop: 11,5%
Gerechtfertigter Call: 770
Differenz: 880

Wir brauchen für einen gerechtfertigen Call mindesens 7660 Chips im Pot, bei einem Treffer, damit sich dieser Call rechtfertigt (= 880 / 11,5%). Nur so bleiben wir auf lange Sicht positiv. Das heisst wir brauchen noch 2500 Chips zusätzlich im Pot oder einen 50% Bet im Flop den wir callen können oder setzen können und gecallt werden, wenn wir den Flop getroffen haben.

Wenn, wir davon ausgehen, dass unser Gegner den Flop statistisch zu 23% trifft, und dann zwischen 1/3 und 2/3 des Flops setzt, welche Implied Odds dürfen wir dann nehmen?

Bei den folgenden zwei Diagrammen ist eines für die Situation, dass der Gegner 1/3 des Pots setzt, das andere 2/3.
Aufgetragen ist, der Prozentsatz wie oft er setzt, und welche Implied odds wir dann haben.

z.B. Wenn er zu 35% im Flop 2/3 des Pots setzt, haben können wir mit Implied Odds von 23% rechnen.


























Schlussfolgerungen:
- Kleine Pocket Pairs haben einen AA-72o Dualismus (zu 10% AA zu 90% 72o)
- Um einen break even zu erreichen, können wir max. 25% bis 35% über die Pot Odds callen.




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Sonntag, 10. Mai 2009

HAND 10

KQs zu haben ist ja ganz schön, aber in Position 1, wenn noch 8 oder 9 andere den Pot haben möchten, sind Probleme wahrscheinlich vorprogrammiert.

Aber wie wahrscheinlich?

Ausgehend von Axiom 1 (Der Call oder die Höhe des Raises bestimmt bei welchen Handrange die anderen mitspielen) untersuchen wir zuerst wieviel Gegner wie bei bestimmten Handranges erwarten.









Diagramm 10.1: Wahrscheinlichkeit der Gegner im Pot, abhängig vom Handrange.


Dieses Diagramm sagt nichts anderes als dass, wenn jeder mit einem Handrange 20% mitspielt, ich zu 13% keinen Mitspieler habe, zu 30% ein oder zwei Mitspieler habe, zu 18% drei Mitspieler.

Bemerkenswert ist, dass zu 37% mindestens einer mit einem Handrange von 5% mitspielt.

So weit so gut.

Wie groß sind ist die Aussicht, dass ich im Flop vorne liege und dass ich am River mit KQs gewinne?

FLOP









Handrange/Player 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
5% 100% 22% 21% 20% 19% 18% 17% 16% 15% 14%
10% 100% 22% 21% 20% 19% 18% 17% 16% 16% 15%
20% 100% 23% 22% 21% 20% 19% 18% 17% 17% 16%
30% 100% 24% 22% 21% 20% 20% 19% 18% 17% 17%
50% 100% 24% 23% 22% 21% 20% 19% 18% 18% 17%
70% 100% 24% 23% 22% 21% 20% 19% 19% 18% 17%











RIVER









Handrange/Player 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9
5% 100% 35% 22% 16% 12% 8% 7% 6% 5% 5%
10% 100% 42% 26% 20% 15% 12% 9% 8% 7% 6%
20% 100% 51% 30% 21% 17% 13% 11% 8% 7% 6%
30% 100% 54% 37% 29% 24% 20% 18% 15% 13% 11%
50% 100% 58% 40% 32% 26% 23% 20% 18% 16% 13%
70% 100% 61% 43% 34% 28% 24% 21% 19% 17% 15%

Jetzt kombinieren wir die oberen zwei Analysen und rechnen uns ganz einfach den Erwartungswert (EV) aus. Wir brauchen noch keine Annahmen.

Im Pot (SB und BB) ist 200, wir rechnen nun den EV für verschiedene Bets in Abhängigkeit des Handranges aus und kommen zu folgenden Resultaten. Der Verlauf für den Wert 0 bedeutet, dass ich gelimpt habe, 200 bedeutet dass ich auf 400 geraised habe usw.

Beim Flop:











Beim River:











Und zu guter letzt im Durchschnitt:















So bis jetzt war alles Mathematik. Die Entscheidung is nun mit KQs in erster Position nur, bei welchem Bet spielt welcher Handrange mit. Dann kann man einfach sehen, ob der EV positiv ist.

Meine Schlussfolgerung:


Mit dem ersten Raise hat man großen Einfluss auf den Handrange, der mitspielt.
Auf 3BB raisen ist ein guter Mittelweg zwischen limpen und starken erhöhen.







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Warum noch ein Blog

Jetzt ist es soweit. Tage der Wahrheit.

Ist Gus Hansen Maniac?

Nach dem Aussie Millions 2007 Sieg hat er das Buch "Every Hand revealed" veröffentlicht.
Lesenswert für Pokerfreunde.

Hand für Hand hat er nacherzählt. Und nun.

Weißes Papier, spitzer Bleistift und lasst uns nachrrechnen.

Mal sehen wie weit ich komm.

Viel Spass beim mitrechnen